Der in der nördlichen gemäßigten Zone mit etwa 60 Arten vertretene Laubbaum war im deutschen Sprachraum als Dorfbaum und Schattenspender auf dem Versammlungsplatz beliebt, war in germanischer Zeit der Göttin Freya geweiht, galt als blitzabwehrend und als Kennzeichen der lokalen Gerichtsbarkeit.
Seit Walther von der Vogelweide oft im Lied erwähnt, wurde die Linde geradezu zum Symbol der dörflichen Gemeinschaft; doch auch in den slawischen Ländern war die »Lipa« vielfach ähnlich hochgeschätzt, auch als Spender des von den Bienen gesammelten Lindenblütenhonigs. Die im Volksmund so genannten »Lindenblüten« (zur Bereitung von schweißtreibendem Tee verwendet) sind in Wahrheit die ganzen Blütenstände samt dem flügelförmigen Vorblatt, das als Flugorgan wirkt.
Hildegard von Bingen (1098-1179) nannte die Linde (Tilia) ein nach der Viersäftelehre »sehr warmes« Gewächs: »all ihre Wärme sitzt in den Wurzeln und steigt von dort auf die Zweige und Blätter. Es hilft gegen Herzleiden, häufig ein Pulver aus dem Inneren ihrer Wurzeln zum Brot zu verzehren.« Es mache die Augen klar, wenn man sich zum Schlafen die Augenlider und das Gesicht mit frischen Lindenblättern bedecke.
In der Heraldik wird die Linde mit stilisierten herzförmigen Blättern oft abgebildet, etwa im Siegel der Reichsstadt Lindau. Das Lindenblattkreuz als Schildfigur weist an den Balkenenden die herzförmigen Lindenblätter auf, die auch als Schildbilder oder als Helmzier (Landgrafschaften Thüringen und Hessen) oder in Form von gebogenen Lindenzweigen auftauchen.
