Mühle, Mühlstein. Als große Mühle wird in manchen Weltbildern der frühen Hochkulturen das Umkreisen der Fixsterne um den Himmelsnordpol empfunden, der imaginär mit dem Mittelpunkt der Erde (Mundus, Omphalos) mittels einer kristallenen Weltachse verbunden ist. Die zyklischen Weltzeitalter stehen dann mit dem Begriff der Drehungen der großen Weltmühle in Symbolzusammenhang. Sie repräsentiert in diesem Fall auch die ausgleichende Wirkung der Gerechtigkeit des Schicksals, das alle Körner zerreibt. Daß damit der Begriff des Brotes verbunden wird, das durch die veredelte Behandlung aus dem Rohmaterial des Kornes gewonnen wird, ist evident. In Alt-Rom bekränzten die vestalischen Jungfrauen am Festtag der Herdgöttin Vesta die Mühlen.
Die christliche Symbolik des Mittelalters kannte das Bild der »mystischen Mühle«, bei welcher der Prophet Jesaias die Weizenkörner des Alten Testaments in den Mahltrichter schüttet, während der Apostel Paulus das dabei gewonnene Mehl auffängt. In manchen bildlichen Gestaltungen schütten die vier Evangelisten die Körner ein, während die Apostel die Flüsse zuleiten, die das Mühlrad in Bewegung setzen. Die Kirchenväter empfangen das Mehl, und Jesus teilt die aus ihm gebackenen Hostien unter das gläubige Volk aus; Christus ist das Lebensbrot selbst.
Ein Mühlstein, der vom Himmel zur Erde herabgeworfen wird, ist in mehreren Bibelstellen Signal des göttlichen Strafgerichts, besonders in der Johannes-Apokalypse (18, 21): »Und ein starker Engel hob einen Stein auf gleich einem großen Mühlstein, und er schleuderte ihn ins Meer, indem er sprach: So wird Babylon, die große Stadt, hinabgeschleudert werden...«
Das als »Mühlespiel« bezeichnete quadratische Spielbrett, das auch in Form von Felsritzungen weit verbreitet ist, geht wohl auf ein sehr altes Weltbild-Schema (Kosmogramm) zurück.