Judas, der Verräter Jesu an seine Feinde, der seine Missetat so sehr bereute, daß er sich aus Kummer darüber erhängte, wurde zur Symbolfigur für alle Verräter. So wurde etwa der Bauer Raffl, der den Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer an die Franzosen verriet und seine Füsilierung verursachte, der »Judas von Tirol« genannt.
In Legenden ist dennoch gelegentlich etwas wie Mitleid mit dem Verräter zu erkennen, der durch seine Übeltat erst die Erlösung (den Kreuzestod Christi) ermöglichte. In der »Navigatio Sancti Brandani«, der Seefahrt des irischen Heiligen St.Brendan (ca. 484-577), die diesen zu mythischen »Inseln der Seligen« führte, ist auch davon die Rede, daß die Seele des Judas auf einer Insel im nördlichen Meer einmal im Jahr für einen Tag »Höllenurlaub« bekommt, um sich von dem ewigen Feuer abzukühlen, weil er einmal einem Armen ein Leinentuch geschenkt hatte. Später wird seine Seele jedoch wieder von Teufeln ergriffen und in die Hölle zurückgebracht.
In der bildenden Kunst wird Judas oft mit dem Geldbeutel in der Hand dargestellt, der das Blutgeld der »30 Silberlinge« enthält, oder sein Verrat an Jesus Christus, den er seinen Häschern mit einem Kuß (»Judaskuß«) bezeichnet.
Die souveräne wie zugleich naiv-überzeitliche Zeichnung der Gestalt des Judas im österlichen Passionsspiel, die jegliche Zeitenfolge-Logik mißachtete, äußerte sich in den Versen, die der Darsteller dieser Figur zu den Pharisäern zu sprechen hatte: »Ich will euch verraten Jesum Christ, der für uns am Kreuz gestorben ist...«